1.10.: Marathon-Weltrekordler Wilson Kipsang will noch schneller laufen
Bis zum vergangenen Sonntag war Wilson Kipsang bekannt als der Läufer, der in Frankfurt vor zwei Jahren den Weltrekord um ärgerliche vier Sekunden verpasst hatte. Jetzt ist der 31-Jährige Kenianer der Weltrekordler. Beim 40. BMW Berlin-Marathon verbesserte Wilson Kipsang die Bestmarke um 15 Sekunden auf 2:03:23 Stunden.
Doch der Lauf am Sonntag ist noch nicht das Ende der Fahnenstange für Wilson Kipsang: „Ich möchte meinen Weltrekord weiter verbessern, denn ich denke, dass ich noch schneller laufen kann.“ Wie weit er sich noch steigern kann, weiß Wilson Kipsang allerdings nicht. „Ich kann kein Limit angeben, denn das ist ein Entwicklungs-Prozess, der mit dem Training zusammenhängt. Es wird schwierig unter 2:03 Stunden zu laufen, aber es ist nicht unmöglich“, sagte Wilson Kipsang, der auch den olympischen Marathon 2016 in Rio de Janeiro als Ziel nennt.
Wilson Kipsang ist rund 50 Kilometer entfernt von dem Ort Iten, einem Trainingszentrum der kenianischen Topläufer, als Kind einer Farmerfamilie aufgewachsen. Doch im Gegensatz zu dem im Hochland liegenden Städtchen lebte Kipsang in seiner Kindheit im Tal und profitierte in dieser Zeit nicht von der leistungsfördernden Höhenluft. Er musste auch nicht, wie viele andere kenianische Athleten, weit laufen, um zur Schule zu kommen. „Ich habe erst in der Oberschule bei Wettkämpfen gemerkt, dass ich Talent habe“, sagt Wilson Kipsang.
Doch es dauerte noch einige Jahre, bevor der Kenianer mit richtigem Training begann. Nach der Schule arbeitete er zunächst als Zwischenhändler von Farm-Produkten. „Doch nach drei Jahren wollte ich das nicht mehr machen“, erzählt Wilson Kipsang, der dann in Iten mit dem Lauftraining begann. „Ich war 21 Jahre alt und wollte es mit dem Laufsport versuchen. Ich kannte andere Läufer, die in Iten trainierten.“ Es war damals das Jahr 2003, und Paul Tergat brach in Berlin den Marathon-Weltrekord. „Das war eine große Motivation für mich und für viele kenianische Läufer. Ich habe das Rennen im Fernsehen gesehen“, sagt Wilson Kipsang, der allerdings Glück hatte, um überhaupt erst in die Lage zu kommen, bei großen Straßenrennen außerhalb Kenias an den Start zu gehen.
Bei kenianischen Läufen hatte Wilson Kipsang bald Erfolg. Doch er hatte keinen Manager. Über Trainingspartner kam der Kontakt zum Holländer Gerard van de Veen zustande. Dadurch bekam er die Chance, sein Talent bei einem Rennen in Europa unter Beweis zu stellen. Ein für ein Straßenrennen im norddeutschen Schortens verpflichteter Kenianer fiel 2007 verletzt aus, und so schickte van de Veen kurzfristig Wilson Kipsang in den 10-Meilen-Lauf. „Ich hatte Glück und habe diese Chance genutzt“, erzählt Wilson Kipsang, der das Rennen gewann, einen zehn Jahre alten Streckenrekord brach und eine Jahresweltbestzeit aufstellte – das war der Anfang seiner internationalen Karriere.
Wöchentliche Trainings-Kilometerleistungen zwischen 140 und 200 bilden die Grundlage für den Erfolg von Wilson Kipsang, der vor Berlin neben zwei Frankfurter Marathonsiegen (2010 und 2011) auch den hochkarätigen London-Marathon 2012 gewann. Bei den Olympischen Spielen war er einer der großen Favoriten, lag lange Zeit in Führung, fiel dann aber noch auf Rang drei zurück.
Mit dem vorherigen Welt- und Streckenrekordler Patrick Makau (2:03:38) hat Wilson Kipsang übrigens einiges gemeinsam: Beide liefen in Deutschland zu ihren ersten und größten Erfolgen, beide haben schon zusammen trainiert, und beide haben keinen Trainer. „Wir stellen uns unser Trainingsprogramm selber zusammen. Entscheidend ist dann, dass wir das Programm auch stringent befolgen. Wenn wir das tun, brauchen wir nicht unbedingt einen Trainer“, erklärt Wilson Kipsang, der den Marathonlauf mit einer Schulprüfung vergleicht: „Wenn Du erst in der Nacht davor anfängst zu üben, ist es zu spät. Du musst Dich gut vorbereiten, dann kannst Du auch zuversichtlich sein.“
Text: race-news-service.com
Foto: photorun.net