7 goldene Marathon-Regeln
1. Realistische Ziele setzen
Natürlich können Sie für den Marathon ein Wunschzeitziel definieren und wild darauf hintrainieren. Ob es realistisch war oder nicht, beweist sich dann schon während des Marathons selbst. Die Gefahr ist allerdings groß, dass Sie 1. Ihr Zeitziel zu ehrgeizig wählen und sich überfordern, sprich beim Marathon furchtbar einbrechen; oder 2. Ihr Zeitziel zu defensiv wählen (dies ist allerdings eher selten der Fall), sich kaum gefordert fühlen und im Ziel ärgern, da Sie doch viel schneller hätten laufen können.
Analysieren Sie Ihren aktuellen Leistungsstand anhand Ihres Leistungsvermögens über kürzere Laufdistanzen. Ein scharfer Testlauf oder Wettkampf über 5 und/oder 10 Kilometer im Vorfeld des Marathons lässt zuverlässige Rückschlüsse über ein realistisches Marathonzeitziel zu. Also: Nehmen Sie vor Beginn der Vorbereitung an einem solchen 5- oder 10-km-Wettkampf teil, und nutzen Sie die erzielten Zeiten zur Berechnung Ihres Marathonziels.
Und so wird gerechnet:
5-Kilometer-Zeit x 9,798 = realistische Marathon-Zielzeit
10-Kilometer-Zeit x 4,667 = realistische Marathon-Zielzeit
Beispiel: Sie haben eine 10-Kilometer-Zeit von 40 Minuten und wollen daraus Ihre Marathonzeit ermitteln. Also multiplizieren Sie Ihre 10-Kilometer-Zeit mit dem Faktor 4,667 und erhalten eine realistische Marathon-Endzeit von 3:07 Stunden.
2. Umfang geht vor Intensität
Eines sollte Ihnen klar sein, beim Marathon ist niemals das Lauftempo das Problem, sondern die Streckenlänge. Und das sollten Sie auch bei der Vorbereitung beachten. Mit anderen Worten: Quantität, also ein erhöhter Trainingsumfang, geht vor Qualität, also eine erhöhte Trainingsintensität. Eine Marathon-Vorbereitung unterscheidet sich also von einer "normalen” Trainingsphase vor allem durch die gesteigerten Laufumfänge und die niedriger dosierten Trainingsintensitäten. Konkret bedeutet dies ein Mehr an lockeren Dauerläufen und ein Weniger an belastenden "Tempoläufen”.
3. Maximaler Erfolg mit minimalem Aufwand
Die Devise lautet: Weg mit den überflüssigen Laufkilometern. Jeder Laufkilometer, der nur dem Zeitvertreib, aber nicht einer sinnvollen Vorbereitung dient, ist ein "toter” Laufkilometer. Ein Marathontraining ist anspruchsvoll genug, da müssen Sie sich nicht noch mit Alibieinheiten abplagen. Ruhetage gehören deshalb zum Pflichtprogramm in einer Marathon-Vorbereitung. Und ein Ruhetag heißt nicht nur so, sondern ist auch so gemeint. An diesem Tag sollte keinerlei sportliche Betätigung geplant sein, auch nicht alternativ zum Laufen auf dem Fahrrad oder im Wasser. Ausnahme sind nur die Eliteläufer.
4. Training ist kein Wettkampf
Gehören Sie auch zu denen, die eher immer einige Minuten schneller als geplant ihre Trainingsrunde absolvieren? Dann mahnen wir gerade in einer Marathon-Vorbereitung zur Vorsicht. Wer ständig schneller läuft als vorgesehen, kann nicht auf den Punkt fit sein – und nichts ist beim Marathon wichtiger. Trainings-Weltmeister verpulvern ihre Kräfte schon, bevor es überhaupt auf die Zielgerade der Marathon-Vorbereitung geht, und auf die Zielgerade des Marathons selbst kommen sie erst gar nicht.
Halten Sie sich also genau an Ihre Trainingsvorgaben. Gut ist nicht, wenn Sie diese unterbieten, sondern sie wirklich exakt umsetzen. Natürlich ist ein Trainingsplan in Nuancen variabel, und ebenso natürlich ist es, wenn Sie es an einem "guten Tag” mal richtig rollen lassen, aber die Betonung liegt eben auf "mal”. Gönnen Sie sich aber auch an den Tagen, an denen Sie "keinen Fuß vor den anderen bekommen”, eine außerplanmäßige Ruhepause. Die ist dann wie-der sinnvoller als unbedingte Planerfüllung.
5. Kohlenhydratreich ernähren
Für jeden Kilometer, den man während eines Marathontrainings mehr läuft als sonst, benötigt man etwa 60 Kalorien extra. Wer also 60 statt 40 Kilometer läuft, braucht pro Woche 1200 Kalorien mehr. Das ist schon eine ganze Menge. Das heißt, Sie müssen täglich zirka 170 Kalorien zusätzlich zu sich nehmen. Tun Sie dies nicht, werden Ihre Muskeln energie-unterversorgt sein, die Leistungsfähigkeit wird langsam, aber stetig nachlassen, und Sie kommen zunehmend in den Zustand eines sogenannten "Übertrainings” (Symptome: Müdigkeit, Abgespanntheit, allgemeiner Leistungsverlust etc.).
Die "Extrakalorien” sollten Sie sich unmittelbar nach dem Training zuführen, zumindest aber in den folgenden zwei Stunden. Dies ist der Zeitraum, in dem die Muskulatur die meisten Kohlenhydrate einlagert. Natürlich sollte die Ernährung kohlenhydratreich und fettarm sein. Bei Ausdauersportarten gilt allgemein die Ernährungsregel: 60 bis 65 Prozent des Energiebedarfs sind durch Kohlenhydrate abzudecken, etwa 25 Prozent durch Fett und 10 bis 15 Prozent durch Eiweiß.
6. Viel trinken!
Nur wenige Läufer wissen zum Beispiel, dass der Körper auch bei kühleren Temperaturen während eines langen und anstrengenden Trainings dehydrieren kann. Das regelmäßige und ausreichende Trinken während und nach dem Training ist immer sehr wichtig, nicht nur im Sommer. Vor allem ist es aber während einer Marathon-Vorbereitung enorm wichtig, denn eine Trainingssteigerung bedeutet auch ein Mehr an körperlicher Belastung und immer ein Mehr an Flüssigkeitsverlust, egal ob im Frühling, Sommer, Herbst oder Winter. Wenn Sie Ihre Trinkgewohnheiten während des Marathontrainings nicht verändern und nicht wesentlich mehr Flüssigkeit zu sich nehmen, dehydriert Ihr Körper. Folge ist u. a. ein Leistungsverlust. Sorgen Sie deshalb dafür, daß Sie jede Stunde ein Glas Wasser trinken, egal, ob Sie bei der Arbeit oder zu Hause sind. Trinken Sie während der Mahlzeiten und nach dem Training besonders viel. Denken Sie daran: Kaffee und Tee entwässern den Körper (Alkohol ebenfalls!). Achten Sie also auf die richtige Wahl Ihrer Getränke.
Achtung: In der Medical Tribune vom 29. August warnen Sportwissenschaftler davor während des Sports zu viel zu trinken. Mit der Überschrift "Zu viel trinken endet tödlich" weist das Blatt auf eine 28-jährige Marathonläuferin hin, die beim Boston-Marathon 2002 kurz vor dem Ziel plötzlich zusammenbrach, ins Koma fiel und starb. Die junge Frau hatte während des Laufs zu viel getrunken und verstarb aufgrund einer hyponatriämischen Enzephalopathie (Wasservergiftung). Dies betrifft allerdings Flüssigkeitrsmengen von über 5 Litern pro Tag bzw. während eines Marathonlaufs. Zusammengefasst: Wer beim Marathon länger als 5 Stunden unterwegs ist, sollte nicht mehr als 2-3 Becher Flüssigkeit alle 5 km trinken. Damit wird einer Dehydrierung vorgebeugt und die Gefahr einer Hyponatremie besteht nicht. Es ist natürlich falsch, zu empfehlen, nur bei Durst zu trinken, und wenn man auf die bei Marathons angebotenen Sportgetränke zurückgreift, ist auch die nötige Menge Natriumchlorid enthalten. Das Phänomen der Hyponatremie ist ein extrem seltenes Phänomen; derartige Meldungen verunsichern mehr, als dass sie aufklären.
7. Viel schlafen
Wer zuwenig schläft, gibt dem Körper nicht genügend Zeit zu regenerieren. Bei einem gesteigerten Trainingsaufwand gilt die Faustregel: Für alle zusätzlichen zehn Trainingskilometer pro Woche brauchen Sie 15 Minuten mehr Schlaf pro
Nacht. Wer statt 40 nun 60 Kilometer wöchentlich läuft, sollte nächtlich eine halbe Stunde mehr schlafen. Die Stunden Schlaf vor Mitternacht sind die wirkungsvollsten, sagt der Volksmund. Sicher ist, daß ein ruhiger Schlaf erholsamer ist als ein durch Streß oder Lärm gestörter.
Wer es sich leisten kann, sollte möglichst während des Marathontrainings Streß vermeiden, früh ins Bett gehen und an Wochenenden einen Mittagsschlaf einlegen.
Zu Martin Grüning
Derzeit ist Martin Grüning stellvertretender Chefredakteur der deutschen Ausgabe von Runner’s World und ein geschätzter Trainingsexperte.
1988 wurde Grüning Zweiter beim Frankfurt Marathon in 2:13:46 Stunden. 1990 wurde er Dritter des Houston-Marathons in seiner persönlichen Bestzeit von 2:13:30, und 1992 belegte er beim Frankfurt Marathon denselben Platz.