Letzte Tipps zum Marathon-Erfolg
Befolgen Sie alle Tipps, die ich im folgenden aufgelistet habe, kann eigentlich in Frankfurt gar nichts mehr schief gehen – dafür lege ich meine Hand ins Feuer.
von Martin Grüning
Vor dem Start
1. Die Tage vor dem Wettkampf sind nicht die Zeit für Experimente. Das betrifft die Ernährung genauso wie den Lebenswandel. Finger weg von Getränken und Nahrungsmitteln, die Sie in der Trainingsphase nicht erfolgreich ausprobiert haben.
2. Ernähren Sie sich in der letzten Woche vor dem Marathon besonders kohlenhydratreich. Der Anteil der Kohlenhydrate sollte in dieser Phase 65 bis 70 Prozent der Gesamtenergiebilanz betragen. Stellen Sie Ihre Mahlzeiten im Zweifelsfall unter Zuhilfenahme einer Ernährungstabelle zusammen.
3. Achten Sie auf Ihre Füße, denn die müssen Sie schließlich 42 Kilometer weit tragen. Schneiden Sie Ihre Fußnägel. Schützen Sie kritische Stellen durch ein gut klebendes Pflaster (Leukoplast) oder Hirschtalg vor Reibung beziehungsweise Blasen.
4. Tragen Sie beim Marathon keine neuen Schuhe. Die Schuhe, die sie beim Wettkampf tragen, sollten ein- aber nicht abgelaufen sein. Das gleiche gilt für Ihre Socken. Tragen Sie Ihre Marathonsocken schon am Tag vor dem Wettkampf.
5. Setzen Sie sich ein realistisches Zeit-Ziel. Bedenken Sie dabei unbedingt die Streckenbeschaffenheit, eventuelle Klima- und Zeitunterschiede. Der Marathon in Boston unterscheidet sich zum Beispiel ziemlich stark von dem in Frankfurt.
6. Marathonmessen sind interessant, sollten aber in den Tagen vor dem Marathon nicht zu Ihrem zweiten Zuhause werden. Die Messen sind wichtig, um sich auf den Marathon einzustellen, Freunde zu treffen und nicht zuletzt nach Schnäppchen zu jagen. Aber Vorsicht: Stundenlanges Herumlaufen ermüdet die Muskulatur. Das Gleiche gilt übrigens für Stadtbesichtigungen (machen Sie Pausen).
7. Bereiten Sie sich auf jedes Wetter beim Marathon vor. Ein Netzhemd für warme Tage, ein angenehmes T-Shirt für einen kühleren Tag sowie Mütze und Handschuhe für kalte Witterung. Ein Plastikumhang oder ähnliches hält Sie bei Regen vor dem Start trocken (kurz vorher wegwerfen). Ebenso wie die Schuhe sollten Sie auch die Kleidung schon beim Training auf Marathontauglichkeit getestet haben.
8. Pasta-Parties am Vorabend eines Marathons sind in. Achten Sie aber darauf, daß Sie nicht zu spät zu viel essen. Lieber am späten Nachmittag der erste bei der Party als am späten Abend der letzte. Mit einem vollen Magen schlafen Sie schlecht.
9. Damit Sie gut hydriert an den Start gehen, sollten Sie am Vortag des Rennens viel trinken. Vier Liter Flüssigkeit sind bei wärmeren Temperaturen das Minimum. Das strapaziert zwar die Blase, beugt aber dem Leistungseinbruch durch Dehydration vor. Sie sind ausreichend hydriert, wenn Ihr Urin hell oder farblos ist. Stilles Wasser aus der Flasche ist der beste Durstlöscher und ist auch besonders magenverträglich.
10. Legen Sie sich am Vorabend des Marathons Ihre Kleidung für den Lauf zurecht. Befestigen Sie die Startnummer am Trikot. Marathonveranstaltungen, deren Start sich an einem anderen Ort als das Ziel befindet, garantieren in der Regel den Transport Ihrer Bekleidung zum Zielpunkt. Achtung: Bei solchen Marathons sollten Sie nicht den Kleiderbeutel vergessen, der mit Ihrer Startnummer gekennzeichnet ist, und in dem Sie überflüssige Kleidungsstücke verstauen.
11. Kleben Sie Ihre Brustwarzen vor dem Lauf mit einem Stück Pflaster ab, um lästiges Aufscheuern zu vermeiden. Von Schweiß oder Regen durchtränkte Textilien können die War-zen blutig scheuern.
12. Schlaflose Nächte vor einem Marathon sind nichts besonderes. Beruhigen Sie sich: Die letzte Nacht vor einem Marathon ist nicht die wichtigste. Der Körper ist durch das stark reduzierte Training der letzten Tage ausgeruht genug und braucht nicht mehr soviel Schlaf wie in den harten Trainingsphasen. Eher wichtig ist da schon, daß Sie in der vorletzten Nacht vor dem Marathon gut schlafen.
13. Die meisten Marathonläufe werden morgens gestartet. Stehen Sie mindestens drei bis vier Stunden vor dem Start auf. Wer die letzten Stunden vor dem Marathon verschläft, kommt auch die ersten Kilometer des Rennens nicht in die Gänge.
14. Gehen Sie vor dem Frühstück ein wenig an die frische Luft. Traben Sie fünf Minuten locker auf und ab. Das bringt den Kreislauf rechtzeitig in Schwung, lockert die Muskulatur und gibt Ihnen einen Eindruck von der Temperatur und dem Wetter, daß Sie im Rennen erwartet.
15. Frühstücken Sie am Morgen des Wettkampfs, auch wenn Sie überhaupt keinen Appetit haben. Wer vor dem Rennen nichts ißt, geht mit Glykogenspeichern an den Start, die nicht optimal gefüllt sind.
16. Suchen Sie am Wettkampftag rechtzeitig eine Toilette auf. Lange Schlangen vor öffentlichen Toiletten verursachen unnötige Hektik und forcieren die Vorstartnervosität.
17. Wärmen Sie vor dem Start die Muskulatur durch lockeres Traben und leichtes Stretching auf. Halten Sie die Muskulatur warm und trocken. Die Einreibungen mit Ölen oder Salben sind überflüssig und mehr altübernommenes Ritual als wirkungsvolle Leistungsunterstützung. Durchblutet wird dabei vor allem die Haut, nicht die Muskeln.
18. Begeben Sie sich rechtzeitig in den Startbereich. Damit vermeiden Sie Schieben, Drängeln und Hektik in den letzten Minuten vor dem Start.
19. Überprüfen Sie rechtzeitig vor dem Startschuß den Sitz von Socken und Schuhen. Achten Sie auf die Schnürung. Doppelt geschnürt hält besser.
Zu Martin Grüning
Derzeit ist Martin Grüning stellvertretender Chefredakteur der deutschen Ausgabe von Runner’s World und ein geschätzter Trainingsexperte.
1988 wurde Grüning Zweiter beim Frankfurt Marathon in 2:13:46 Stunden. 1990 wurde er Dritter des Houston-Marathons in seiner persönlichen Bestzeit von 2:13:30, und 1992 belegte er beim Frankfurt Marathon denselben Platz.